Lessons Learned - Lektion gelernt

Ein Beitrag von Dr. Uwe-Klaus Jarosch, November 2025

Im Blog „Wissen – Managen“ hatte ich versucht, eine Erklärung für Wissen in Unternehmen zu geben.

Dieses Wissen, diese Anweisungen zum Handeln, unterliegen Änderungen. Das bedeutet auch, dass  Wissen – soweit es sich nicht um Grundgesetze der Natur handelt –  veraltet.

Ein Beispiel ist Wissen, das durch technische Weiterentwicklung in der alten Form seinen Wert verliert und durch neue Regeln ersetzt werden muss. Nehmen sie eine Arbeitsanweisung, um eine Drehbank zu bedienen. Arbeiten sie an einer „konventionellen“, mechanisch gesteuerten Drehbank, so sind ganz andere Anweisungen zu befolgen als wenn sie eine CNC-gesteuerte Drehbank bedienen

Eine Organisation ( also eine Firma, eine Behörde, ich in meinem Privathaushalt ) muss ihr Wissen, ihr Regelwerk auf dem aktuellen Stand halten. Andernfalls lassen sich  die Regeln nicht mehr sinnvoll anwenden. Das gilt für alle Formen von Wissen, vom Management System über Standards bis zu aktuellen Anweisungen im Projekt für den heutigen Tag.

Ein Zeichen ist, wenn Regeln ausgesetzt oder umgangen werden, weil sie nicht (mehr) passen. Hier sollten Vorgesetzte und Prozess-Verantwortliche reagieren und prüfen, ob die Regeln noch sinnvoll sind.

Ein anders Zeichen für den Bedarf einer Regeländerung ist das Auftreten von Fehlern im Ablauf oder im Ergebnis der Arbeit.

Eine Möglichkeit, Wissen auf Stand zu halten, ist ein Lessons Learned-Prozess.

Lessons Learned ist ein Werkzeug der kontinuierlichen Verbesserung.

Regelmäßig, im Idealfall in kurzen zeitlichen Abständen, werden die letzten Geschehnisse kritisch analysiert:

  • Was ist gut gelaufen, aber so noch nicht festgeschrieben?
  • Was ist nach dem bestehenden Ablauf schlecht gelaufen und sollte verbessert werden?

Das Ergebnis dieser Analyse sollten aus 3 Teilen bestehen:

  1. Was waren die Randbedingungen, unter denen das Problem aufgetreten ist?
  2. Was waren die Ursachen, die zu diesem Problem geführt haben?
  3. Was sind die erfolgreichen Lösungswege, die an anderer Stelle und Gelegenheit wieder angewendet werden sollten? Was waren misslungene Lösungsversuche, die in Zukunft nicht mehr in Betracht gezogen werden müssen?

Lessons Learned soll in Zukunft wirksam werden.

Es sollen Erfahrungen festgehalten werden, um daraus Handlungsanweisungen abzuleiten.

Fehler passieren. Aber sie sollten sich nicht wiederholen.
Lessons Learned bedeutet, aus Fehlern zu lernen.

Dieses Lernen hat erst dann eine dauerhafte Wirkung, wenn

  • wenn das Gelernte verfügbar und verteilt ist. Was nicht bekannt und zugänglich ist, wird nicht zur Anwendung kommen.
  • wenn jemand im Unternehmen den Prozess der Wissensaufbereitung verantwortlich treibt. Es braucht daher einen Fürsprecher, einen Paten. Das kann ein LL-Beauftragten im Management sein, die zuständigen Experten für ein fachliches Thema (Center of Competence).
  • Der nötige Aufwand, die Analyse sauber durchzuführen, benötigt ein Budget.
  • Und es benötigt eine Autorisierung im Unternehmen, um die neuen Erkenntnisse zu einer gültigen Regel zu machen.

Berufe, bei denen es um Leben und Tod geht, pflegen intensive Lessons Learned.

  • Nach jedem Einsatz von Militärs im Einsatz, von Sondereinsatzkräften der Polizei, von Medizinern nach kritischen Operationen wird kritisch über die letzten Ereignisse und Schritte gesprochen.
  • Neue Erkenntnisse, mögliche Verbesserungen werden umgehend in die zukünftige Vorgehensweise eingearbeitet.
  • In diesen Teams sind sie damit verbindlich vereinbart.
  • Jeder im Team ist über die Beschlüsse informiert und muss sie befolgen.

Auch Entwicklungsteams im agilen Entwicklungsprozessen pflegen regelmäßige Reviews, um die nächsten Schritte und Vorgehensweisen den aktuellen Anforderungen anzupassen.

In größeren Organisationen sind Lessons Learned häufig schwierig.

  • Der Aufwand, regelmäßig die eigenen Arbeitsweisen kritisch zu hinterfragen, wird gescheut. Wenn es stattfindet, dann vielfach nur bis zur Sammlung der Probleme.
  • Was sind die Konsequenzen? Wer muss sich an der Lösung beteiligen? Für welche Fälle soll der Lösungsweg verbindlich, für welche eine Option sein?
    Wo werden die neuen Erkenntnisse festgeschrieben und autorisiert?
  • Ist überhaupt im Unternehmen beabsichtigt und üblich, anderen Arbeitsgruppen, Abteilungen, Werken ihre Arbeitsweise vorzuschreiben ? (Stichwort Standardisierung)

Ein weiterer Streitpunkt ist die Art der Ablage.
Sollen die Lessons Learned in Systeme eingetragen werden – im Sinne einer Datenbank?
Oder sollen Lessons Learned an Personen gebunden sein, die informiert werden und die Nutzung der neuen Erkenntnisse treiben?

Aus meiner Sicht müssen Lessons Learned aus eine Kombination von beidem bestehen: Es muss eine Ablage in einem klar organisierten Datensystem geben UND den zeitnahen Informationsfluss zu allen Leuten, die dieses LL anwenden sollen.

Fazits: 

  • Lessons Learned ist ein Prozess im Unternehmen, der organisiert und unterstützt sein muss.
  • Das Ziel von Standardisierung wird durch LL unterstützt, je stärker die Standardisierung, um so wichtiger und umfassender wirkt LL.
  • LL wird umso intensiver betrieben, je mehr der Erfolg oder gar Leib und Leben vom regelmäßigen Lernen abhängen.
  • Je größer der Kreis der LL-Nutzer sein soll, um so schwieriger die Umsetzung. Es braucht Unterstützung des Managements und Autorisierung der neuen Regeln.
  • Nur Probleme zu benennen (Klagemauer beschriften) ist keine LL.

Bleiben Sie neugierig.
Uwe Jarosch

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